


























































































Mit dem FC Schaffhausen schrammte Serge Müller in der Vorsaison denkbar knapp am Aufstieg vorbei. Liegt seine Zukunft dennoch in der Super League? Neben einem Rückblick auf die letzte Saison sprach der U21-Nationalspieler im Interview mit uns auch über seinen Werdegang und seine persönliche Zukunft.
Seit 2019 spielt der langjährige GC-Junior beim FC Schaffhausen in der Challenge League. Spätestens in der letzten Saison ging der Stern des Innenverteidigers so richtig auf. Besonders eine Statistik verblüfft dabei, verpasste er in der ganzen Saison doch keine einzige Minute. Belohnt wurde er unter anderem mit dem Debüt in der U21-Nationalmannschaft. Nach ein paar Ferientagen in der Sonne Spaniens bereitet sich der 21-jährige Zürcher mit dem FCS auf die neue Saison vor und nahm sich dabei kurz für unsere Fragen Zeit.
Serge, würdest du dich selbst als Dauerläufer oder Marathonmann bezeichnen?
Serge Müller: Ich habe mich daran gewöhnt, so bezeichnet zu werden.
Du weisst, worauf ich hinaus will. Die Zahlen sprechen für sich. Bei 41 Spielen in der letzten Saison hast du keine Minute verpasst. Eine eindrückliche Statistik...
Während der Saison war ich mir dem Ganzen gar nicht so bewusst. Es kam erst gegen Ende Jahr, als das ein Thema wurde. Aber ich habe ja nicht den Fokus darauf gelegt, immer zu spielen. In den Minuten, die ich gespielt habe, war es ja wichtig, dass ich nicht nur auf dem Platz stehe, sondern auch eine gute Leistung bringe. Im Nachhinein ist es aber schon etwas Spezielles.
Das ging aber nur, weil du nie gesperrt wurdest. Weisst du, wie viele gelbe Karten du in der letzten Saison gesammelt hast und erinnerst du dich an deine letzte?
Ja, es waren drei. Ich glaube, die Letzte war im ersten Rückrundenspiel.
Genau. Am 4. Februar gegen Neuchâtel Xamax. Was macht dein Spiel aus, dass du als Innenverteidiger so fair spielen kannst?
Es entspricht einfach meinem Spielstil. Ich begehe allgemein wenige Foulspiele, dann gibt es auch weniger Karten. Ich löse viele Situationen durch das richtige Antizipieren oder mit Spielintelligenz. Im Zweikampf bleibe ich meistens fair, eine gewisse Härte muss man zwar immer reinbringen und ab und zu kann man die Karte nicht verhindern. Aber generell ist es meinem Spielstil geschuldet, dass ich selten in die Situationen komme, in denen ich ein Foul begehen muss.
Wie viel Zinedine Zidane steckt in deinem Spiel als Innenverteidiger?
Zinedine Zidane (lacht.)? Gute Frage. Sicher die Rückennummer. Ansonsten bin ich um jedes Bisschen "Zizou" froh, das in meinem Spiel drinsteckt. Wenn ich mit dem Ball am Fuss nur etwas "Zidane-like" bin, dann wäre ich schon sehr froh.
Weisst du, wieso ich dir diese Frage stelle?
(lacht.) Nein.
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Ich habe mir sagen lassen, dass du von Anfang an prädestiniert warst, Fussballer oder Golfer zu werden. Du hättest beinahe den Namen Zinedine Tiger erhalten, oder?
Ja, das wäre der Wunsch von meinem Vater gewesen . Aber er konnte sich nicht durchsetzen.
Da hatte die Mutter wohl Freude. Du bist mit Serge auch zufriedener?
Von der Bodenständigkeit her passt Serge sicher besser zu mir. So im Nachhinein wäre es schon ein geiler Name gewesen. Wenn es aber wirklich so gewesen wäre, weiss ich nicht, ob ich das so lustig gefunden hätte.
Die Marke "Zinedine Tiger Müller" wäre aber sicher einmalig gewesen...
Ja... aber jetzt probiere ich eben auch mit "Serge Müller" etwas Einmaliges hinzubekommen.
Und wie sieht es mit deinen Golf-Fähigkeiten aus?
Ich habe letztes Jahr in den Ferien wirklich mal angefangen, bin seither aber nie mehr gegangen. Entsprechend sieht auch mein Niveau aus.
Wir sind also näher an Zinedine Zidane dran als an Tiger Woods.
Jaja, genau. Von beiden weit entfernt, aber eher an Zinedine Zidane als an Tiger Woods.
"Nach einer solchen Saison, in der man so nahe dran war, will ich ein Jahr später nicht irgendwo "umherdümpeln". Ich will mich weiter verbessern, heisst um den Aufstieg spielen, eine Liga rauf oder ein höheres Level erreichen. Wo das ist – ob Super League oder die 2. Bundesliga –ist für mich persönlich nicht so wichtig."
Lass uns nochmals auf die letzte Saison zurückblicken. Wie war dieses Herzschlagfinale als direkter Beteiligter?
Unglaublich spannend. Ich habe es wirklich genossen. Die Ausgangslage war einmalig. Jedes Spiel war ein Finale, immer ging es um alles oder nichts. Als Fussballer ist das eigentlich der Idealfall. Für diese Spiele spielst du das ganze Jahr, jetzt hatten wir gleich einige davon. Klar, im Nachhinein macht es das auch schwerer. Wenn es so knapp ist, kannst du an allen Ecken und Enden Punkte und am Schluss sogar Tore finden, die man liegen liess. Das geht aber allen Mannschaften gleich. Es ist wirklich einmalig, dass drei Mannschaften am Ende punktgleich sind. Es war am Schluss auch unglaublich mit den Fans, die wir in Schaffhausen begeistern konnten. Es war wirklich ein Riesenerlebnis.
Besonders in Schaffhausen stiegen die Zuschauerzahlen am Ende im Aufstiegsrennen ja frappant an. Hast du auch im Umfeld etwas von dieser Euphorie wahrgenommen?
Ja, das hat man schon gemerkt. Wir waren zwar die ganze Saison gut dabei, so richtig los ging es aber erst, als wir erstmals auf Rang 1 oder 2 standen. Dann realisierte auch die breite Öffentlichkeit, dass es in diesem Jahr etwas werden könnte und man spürte auch den Trubel rundherum. Und auch die Fans kamen schlagartig viel zahlreicher. Das ist natürlich ein Lohn für uns Spieler und die Mannschaft.
Du hast es selbst angesprochen. Für den direkten Aufstieg fehlten Schaffhausen sieben Tore. Ärgert man sich mehr über verpasste Tore und Punkte – ihr habt mit Schaffhausen die ersten drei Spiele gegen Absteiger Kriens nicht gewonnen – oder darüber, dass es in der Barrage nicht gereicht hat?
Letzte Saison ärgerten wir uns sicher mehr über die verlorenen Punkte. In der Barrage müssen wir uns nicht viel vorwerfen. Wir haben ein gutes Hinspiel gemacht gegen einen Gegner, der eine sehr gute Rückrunde gespielt hat. Im Rückspiel lief es mit dem Handspenalty in der Startphase auch unglücklich. Wir haben zwei Spiele gemacht, für die wir uns nicht verstecken müssen. Aber über die ganze Saison sieht das anders aus. Mit drei Unentschieden gegen Kriens oder auch gegen Wil haben wir viele Punkte liegen gelassen.
Wenn man dann sieht, dass man die vorderen vier, fünf Teams mehrheitlich geschlagen hat, regt man sich schon darüber auf, was man für vermeintlich einfachere Punkte liegen gelassen hat. Es spricht ja auch für unsere Qualität, wenn wir gegen die vorderen Teams meistens gewannen. Das ist sicher eher das Ärgernis, eine Barrage darf man auch verlieren. Aber jetzt ist das abgeschlossen und verdaut. Wir hatten eine Pause. Ich war dazwischen auch in der U21-Nati, das hilft, um Abstand zu gewinnen. Jetzt ist man wieder fokussiert auf die neue Saison.
Du hast die U21 angesprochen, für die du debütieren konntest. Die Endrunde dürfte nun ein grosses Ziel für dich sein?
Es war unser grosses Ziel, uns direkt für die EM zu qualifizieren. Wir haben es schwieriger gemacht, als nötig gewesen wäre. Schlussendlich haben wir das Ziel erreicht, jetzt ist die Vorfreude gross. Logisch ist es jetzt mein Ziel dort dabei zu sein und spielen zu können.
Die Konkurrenz in der Innenverteidigung ist gross. Du wurdest jeweils als Rechtsverteidiger eingesetzt. Wie wohl fühlst du dich auf dieser Position?
Es ist klar, dass ich eigentlich ein ausgebildeter Innenverteidiger bin. Aber ich habe auch in Schaffhausen viel im Mittelfeld oder auf den Aussen gespielt. Das ist für mich gar kein Problem. Klar, ich habe zuletzt eine ganze Saison bei Schaffhausen als Innenverteidiger gespielt, daher war das schon eine Umstellung. Ich kann aber fast problemlos vom Zentrum auf die Aussen wechseln.
Blicken wir in die Zukunft. Du hast eine super Saison gespielt, das weckt Begehrlichkeiten, die Gerüchteküche brodelt. Lausanne, Luzern oder auch die 2. Bundesliga sollen Optionen sein. Wo siehst du deinen nächsten Karriereschritt?
Für mich ist klar, dass ich mich persönlich immer verbessern will. Nach einer solchen Saison, in der man so nahe dran war, will ich ein Jahr später nicht irgendwo "umherdümpeln". Ich will mich weiter verbessern, heisst um den Aufstieg spielen, eine Liga rauf oder ein höheres Level erreichen. Wo das ist – ob Super League oder die 2. Bundesliga –ist für mich persönlich nicht so wichtig. Meine Entwicklung steht im Vordergrund. Dafür muss man den richtigen Ort suchen und finden. Darauf will ich diesen Sommer Wert legen. Ich hoffe, dass mir das gelingen wird und ich den richtigen Ort für meinen nächsten Entwicklungsschritt finde.
Wie steht es um dein Französisch?
(lacht.) Ich habe in der Schule eigentlich ganz gut Französisch gelernt. Das ist schon eine Weile her. Ich kann mich aber sicher verständigen.
Du hast gesagt, du willst dein Level verbessern. Beim FC Schaffhausen haben nun schon einige Leistungsträger einen Wechsel gewagt. Was ist mit dem FCS in der nächsten Saison möglich?
Das ist bislang noch schwer einzuschätzen. Es werden wohl viele Mannschaften aufrüsten, weil die Chance aufzusteigen, einmalig gross ist. Nichtsdestotrotz ist der Kern unserer Mannschaft noch beieinander. Die Mannschaft ist in der Breite noch nicht ganz fertig zusammengestellt, wenn wir aber den Stamm zusammenhalten können, dann werden wir mit unseren Automatismen wieder eine schlagkräftige Truppe beisammen haben.
Wo spielt Serge Müller in einem Jahr? Siehst du dich eher im Ausland oder in der Super League?
Das ist immer schwierig zu sagen. Ich habe in Schaffhausen noch bis 2024 einen Vertrag und konzentriere mich auf meine Arbeit auf dem Platz. Man muss es so nehmen, wie es kommt. Am liebsten würde man immer noch höher hinaus. Von mir aus kann ich einfach sagen: Ich fühle mich bereit, den nächsten Schritt zu machen. Ob das jetzt oder in einem Jahr, ob das in die 2. Bundesliga oder in die Super League ist, spielt mir persönlich nicht so eine Rolle. Es muss einfach passen. Es muss ein geeignetes Umfeld, ein sinnvoller Schritt sein. Dann ist alles andere eigentlich nebensächlich.