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Von 1996 bis in den November 2018 hatte Arno Del Curto das Steuer beim HC Davos fest in der eigenen Hand. Sechsmal feierten die Bündner unter ihm den Meistertitel. Del Curto wurde in Davos zur lebenden Legende. In diese grossen Fussstapfen trat Christian Wohlwend, als er auf die Saison 2019/20 hin den HCD übernahm. Die Aufgabe wurde zusätzlich dadurch erschwert, dass es mit den Bündnern seit dem letzten Meistertitel 2015 eigentlich kontinuierlich abwärts ging. In der Folgesaison wurde das Team von Del Curto noch Zweiter in der Qualifikation und stiess dann bis ins Playoff-Halbfinale vor. Darauf folgten zwei Viertelfinalqualifikationen nach den Rängen fünf und sechs. In der letzten Spielzeit landete der HCD als Elfter mitten im Tabellenkeller.
Wohlwend folgte also nicht nur, auf den grössten Trainer der Vereinsgeschichte, sondern auch noch auf die schlechteste Saison seit langem. Schnell zeigte sich aber, was das neue Gespann aus Head Coach und Sportchef, zu diesem Zeitpunkt hatte Raetto Raffainer die Kaderplanung in Davos unter seinen Fittichen, anpackte, hatte Hand und Fuss. Von Rang elf ging es ganz steil nach oben. In der ersten Saison unter Wohlwend wurde der HCD Dritter in der Qualifikation, es fehlten gar nur zwei Punkte zum Quali-Sieg. Was dann folgte, ist wohl allen bekannt: Die COVID-Pandemie verhinderte Playoffs und brachte den neuen HCD-Steuermann um den verdienten Lohn und eine Krönung der Saison.
Aufgrund der Pandemie mussten die Clubs die Gürtel enger schnallen. Die Davoser waren ganz besonders davon betroffen, als mit dem Spengler Cup 2020 eine der wichtigsten Einnahmequellen wegbrachen. Das Traditionsturnier lockt unzählige Schaulustige jeweils ins Landwassertal und füllt die Vereinskasse. Sportlich lief es nicht mehr ganz so rund, als Achter hätte man sich dank 18 Punkten Vorsprung auf den SC Bern aber locker das Playoff-Ticket gesichert. Der angepasste Modus schickte den HCD vorerst aber in die neuen Pre-Playoffs, wo man just gegen den so locker hinter sich gelassenen SCB ausschied. In der letzten Saison, im dritten Jahr nach Amtsantritt, führte Wohlwend den HC Davos zurück in die Playoffs. Im Halbfinale bedeutet der spätere Meister EV Zug Endstation. Und auch in der laufenden Saison befindet sich der HCD auf Playoffkurs. Gemessen am Punkteschnitt wäre man derzeit Sechster.
Der 46-Jährige war aber nicht in allen Situationen ein einfacher Zeitgenosse. Wohlwend eckte immer wieder an, sei dies vor dem Mikrofon oder in seiner emotionalen und feurigen Art während den Spielen. So wurde nicht nur im Bündnerland schon lange gemunkelt, dass der Vertrag des schweizerisch-kanadischen Doppelbürgers nicht weiter verlängert werden wird. Schlussendlich fehlten bis an einen gewissen Punkt auch die Resultate. Der diesjährige Auftritt am Spengler Cup bot Licht und Schatten. Auf den Sieg gegen das Team Canada folgte die Klatsche gegen Sparta Prag. Davon zeigte sich im Viertelfinale gut erholt, nur um dann von der Euphorie der Biancoblù im Halbfinale überrollt zu werden. In der Champions Hockey League musste man im Achtelfinale gegen den Vorjahresfinalist Tappara Tampere mit dem knappen Gesamtscore von 2:3 die Waffen strecken.
Nun hat sich der HC Davos gegen eine weitere Zukunft mit Wohlwend entschieden und Jan Alston, der mittlerweile den Sportchefposten übernommen hat, wird sich auf die Suche nach einem neuen Head Coach machen. Der Rekordmeister will noch weiter nach oben, noch konstanter performen und vor allem möchte man wohl einen etwas besser kontrollierbaren Trainer. Es ist allerdings eine waghalsige Entscheidung.
Wohlwend hat, mit der Hilfe seiner Sportchefs und Assistenten, den Club umgehend aus der Versenkung geholt - was mit dem Ende der Jahrzehnte andauernden Ära Del Curto keine Selbstverständlichkeit war. Er hat mit dem Team auch während einer schwierigen Zeit sportlich solide performt. Dass ein Titelgewinn ausblieb, liegt wohl auch an den veränderten Kräfteverhältnisse - gerade in finanzieller Hinsicht. Als einziges Team hat der HC Davos in der laufenden Spielzeit nur sechs Ausländerlizenzen gelöst, gleichzeitig setzt man auf den zweitjüngsten Kader der gesamten Liga. Wer dieses Team übernehmen darf, kann sich glücklich schätzen, denn es bietet vielversprechende Perspektiven. Für Christian Wohlwend endet die Reise aber nach dreieinhalb Jahren.
Noch bleibt ein letzter Vergleich mit seinem Vorgänger. Arno del Curto - der ähnlich leidenschaftlich und unbelehrbar schien - wurde zu seiner Zeit in seiner sechsten Saison in Davos erstmals Meister. Die Chance, ein zweiter Arno del Curto zu werden, hat man Christian Wohlwend mit der jüngsten Entscheidung verwehrt.