
















































































Wer auf (Sport)Ereignisse wetten möchte, kommt nicht um den wichtigsten Mittelsmann herum, den Buchmacher. Allerdings hat sich dieses Berufsbild in den vergangenen Jahren stark gewandelt.
Wohl die meisten Leser dürften ein gewisses Bild vor dem inneren Auge haben, wenn sie an den Begriff Buchmacher denken – ein etwas staubig wirkendes Büro, viele klingelnde Telefone, Bildschirme, auf denen gerade Pferderennen oder Ähnliches laufen. Kurze kryptische Sätze werden gesprochen „Zweihundert auf die Sieben im dritten Rennen“, schon kommt der nächste Kunde ans Rohr.
So viel bereits vorweg: Auch wenn es sicherlich noch Buchmacher gibt, die nach diesem Schema arbeiten, so ist diese Aufgabe nicht minder moderner geworden wie jeder andere Job in unserer heutigen Welt. Und weil Sport und Sportwetten untrennbar verknüpft sind, ist das Grund genug, in diesem Artikel mal den Beruf des Buchmachers genauer zu beleuchten.
Es dürfte klar sein, dass der Buchmacher mit dem „Machen“ von Büchen ebenso wenig zu tun hat wie der Zitronenfalter mit dem Falten von Zitronen. Das wir diesen Namen verwenden, liegt daran, dass der Ursprungsname englisch ist – Bookmaker. Nun hat Book mehrere Bedeutungen, nicht bloss Buch, sondern beispielsweise auch verbuchen.
Da wird die Sachlage schon klarer: Der Buchmacher verbucht Tipps auf den Ausgang von Ereignissen. Aber dazu bedient er sich eben seiner Bücher mit Listen. Damit haben wir es strenggenommen mit einer Doppelübersetzung zu tun, bei der es eigentlich richtiger wäre, vom Buchungsmacher zu reden.
Doch fernab von solchen sprachlichen Feinheiten steht fest, dass es sich dabei um einen sehr ehrbaren Beruf handelt – in Grossbritannien, der Heimat des Wettens auf alle möglichen Dinge zwischen Premier League Spielausgang, US-Präsidentenwahl und Geburtstermin des nächsten royalen Babys, haben manche „Bookies“, wie man sie dort nennt, regelrechten Promi-Status.
Das liegt nicht zuletzt daran, dass es ein hochmathematischer Beruf ist.
Damit kommen wir zum primären Aufgabengebiet des Buchmachers. Nein, das ist nicht nur die Annahme von Wetten, sondern primär das Errechnen von Chancen, der Quote; bei den meisten ist davon ausgehend das Offerieren von Wetten nur logische Schlussfolgerung.
Werfen wir dazu einen Blick auf Wettformat, wo es einen Überblick über mehrere Anbieter gibt. Da suche man sich ein beliebiges Ereignis und vergleiche – die Quoten werden sich immer ein wenig unterscheiden.
Warum? Weil dahinter Buchmacher stehen. Sie müssen…
Allein dieser Balanceakt ist schwierig genug. Er wird nicht leichter dadurch, dass die meisten Ereignisse extrem dynamisch sind.
Blicken wir auf ein normales Fussballspiel. Klar gibt es vor Anpfiff bereits Wettquoten. Aber wie schnell können sich diese Voraussagen in Luft auflösen? Der Star der hochfavorisierten Mannschaft kann eine rote Karte kassieren, der Keeper des Underdogs den besten Tag seiner Karriere haben – dass RB Leipzig beispielsweise Schalke 04 am 23. Spieltag mit Null zu Fünf regelrecht verprügeln würde, hatte niemand auf dem Schirm. Das Wetter kann sich ändern, der Trainer kann wegen eines Streits einen schlechten Tag haben…
Ein guter Buchmacher muss deshalb ein zutiefst umfangreiches Wissen derjenigen Dinge ansammeln, für die er Quoten anbietet. Das benötigt er schon, wenn er diesen Beruf aufnimmt. Aber: Ein Grossteil des Buchmacher-Tagwerks besteht auch darin, dieses Wissen ohne Unterlass zu vertiefen, zu aktualisieren, niemals die Welt des Sports und der Nachrichtenlage darüber – samt der Gerüchteküche – aus dem Blick zu verlieren.
Das allein wäre schon schwierig. Für den Buchmacher bedeutet es jedoch, seine Quoten immer wieder anhand dieser feinen „Schwingungen“ anzupassen – wenn er Pech hat für ein einziges Spiel mehrfach vor dem Anpfiff.
Zugegeben, heute werden Buchmacher dabei von äusserst leistungsfähigen Computern mit hochmodernen Algorithmen unterstützt. Aber die Betonung liegt auf „unterstützt“: Vieles bei den Quoten ist nackte Statistik. Die allein reicht jedoch nicht zum Wetten aus, zumindest nicht dauerhaft, sicher und so, dass sich davon ein Buchmacherleben finanzieren lässt; der Faktor Mensch ist nach wie vor enorm wichtig, weil Computer längst noch nicht in der Lage dazu sind, die zutiefst menschlichen Feinheiten des Sports korrekt zu interpretieren.
Anders ausgedrückt: Ein guter Buchmacher muss nicht nur ein exzellenter Statistiker sein, er muss auch wirklich mit Herzblut an bestenfalls mehreren, völlig unterschiedlichen Sportarten interessiert sein. Das ist ziemlich selten und erklärt auch, warum gute Buchmacher gesuchte Leute sind.
Stellt sich natürlich abschliessend die Frage, woher dieses Klischee vom schlechtbeleuchteten Buchmacher-Büro kommt. Ganz einfach und wie so oft beim Massenbild über ein bestimmtes Berufsbild aus einem einzigen Ort: Hollywood.
Für die Traumfabrik und das Filmemachen an sich zählt nur eines: Etwas, das gezeigt wird, muss auf der Leinwand gut wirken und muss sich vor allem ohne Erklärung dem Zuschauer von selbst erschliessen. In beiden Fällen hätte das moderne Buchmacher- bzw. Wettbüro, so wie es der Realität entspricht, einen schweren Stand – das unterscheidet sich nämlich nur durch den Inhalt der Computerbildschirme von jedem x-beliebigen anderen Büro und seinen Arbeitsplätzen.
Anders formuliert: Ohne das Klischeebild wüssten nicht gleich die allermeisten Zuschauer, dass eine bestimmte Szene in einem Wettbüro spielen soll – als die Büros wirklich so aussahen, wurden sie so in Filme eingebracht, dadurch entstand das Klischee, sodass Hollywood auch heute nicht mehr davon wegkommt; ein selbsterzeugtes Problem sozusagen.
Fazit
Der moderne Buchmacher ist bei ehrlicher Betrachtung ein im positivsten Sinne gemeinter Nerd, eigentlich sogar ein Doppel-Nerd: Er muss tiefgehende Kenntnisse über eine Sportart besitzen, die weit über das hinausgehen, was man selbst als sehr leidenschaftlicher Fan ansammelt – und der Buchmacher muss auch noch objektiv sein, selbst wenn es gegen seine Lieblingsteams geht.
Zu diesem Wissen muss er auch noch in der Lage sein, dies mit nüchterner mathematischer Statistik richtig zu analysieren; dass der Computer ihm heute dabei hilft, macht es kaum einfacher, ermöglicht ihm bloss, ein grösseres Pensum zu bewältigen. Ein harter Job, zweifelsohne, aber einer, bei dem man auch direkt die Früchte seiner Arbeit bewundern kann.