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Für Swiss-Ski bedeutet diese Nachricht sowohl in sportlicher, aber vor allem auch in menschlicher Sicht, einen riesigen Rückschlag. Schliesslich gilt der 29-Jährige als einer der Teamleader im Schweizer Abfahrtsteam und hinter Marco Odermatt ist er die klare Nummer 2. Nun gilt es für andere Swiss-Ski-Cracks, den Ausfall von Hintermann irgendwie aufzufangen.
An der Rolle von Marco Odermatt hat sich durch den Ausfall von Hintermann nicht viel geändert, ist und bleibt er der grosse Schweizer Teamleader. Der amtierende Abfahrtsweltmeister und Triumphator der kleinen Kristallkugel in dieser Disziplin trägt in der kommenden Saison aber wohl noch mehr Verantwortung.
Schliesslich hat es abgesehen von Niels Hintermann und ihm zuletzt kein anderer Schweizer Abfahrer aufs Podest geschafft. Sollte "Odi" also einmal einen "schwächeren" Tag haben, könnte es durchaus sein, dass für einmal kein Schweizer Topresultat herausschaut. Die Last auf seinen Schultern in dieser Disziplin ist also noch grösser geworden.
Einer, dem in der kommenden Saison ein weiterer Schritt nach vorne in Richtung Weltspitze zugetraut wird, ist Justin Murisier. Der Walliser gehört bereits zur erweiterten Spitze, ist er doch regelmässig in den Top-10 anzutreffen. Für ihn wäre es auch ohne den Ausfall von Hintermann darum gegangen, im kommenden Winter die Podestplätze anzugreifen. Dies ist auch das erklärte Ziel des 32-Jährigen.
Dem Draufgänger und guten Kumpel von Marco Odermatt ist am ehesten zuzutrauen, die entstandene Lücke aufgrund der Krebserkrankung von Hintermann einigermassen füllen zu können.
Einen weiteren Schritt nach vorne muss im kommenden Winter auch Alexis Monney machen, der schon vereinzelt in die Top-10 rasen konnte. Für den so talentierten 24-Jährigen geht es in erster Linie darum, noch konstanter zu werden, sodass er regelmässig in den Top-15 oder gar Top-10 landen kann. Sollte einmal alles in einem Rennen aufgehen, kann Monney auch eine Überraschung in Form eines Podestplatzes zugetraut werden. Man darf bei konstanter Weiterentwicklung aber erst in wenigen Jahren erwarten, dass er als realistische Podesthoffnung gelten kann.
Während der Bündner im Super-G bereits zur Weltspitze gehört, kann davon in der Abfahrt (noch) nicht die Rede sein. So landete er beispielsweise in der letzten Saison nur einmal als Zehnter in den Top-10. Ansonsten platziert er sich zwar regelmässig in den Punkten, jedoch zumeist irgendwo zwischen Rang elf und 25.
Er wird realistischerweise keiner sein, der in der Königsdisziplin an die Leistungen von Niels Hintermann herankommen kann. Doch wer weiss, was für den 30-Jährigen alles möglich ist, wenn ihm einmal der Knopf aufgehen sollte. Abschreiben sollte man Stefan Rogentin nie.
Er war in der letzten Saison einer der ganz grossen Aufsteiger und durfte sich im Super-G sogar über seinen ersten Karriere-Podestplatz im Weltcup freuen. Auch in der Abfahrt zeigte er bereits starke Leistungen und wusste beispielsweise mit einem fünften Rang in Kvitfjell zu überragen. Eine Verletzung in der Vorbereitung hat ihn ein bisschen zurückgeworfen, trotzdem dürfen sich die Schweizer Fans das ein oder andere Glanzresultat vom 23-Jährigen erhoffen. Aber es wäre natürlich vermessen zu erwarten, dass er sogleich zum Hintermann 2.0 werden soll. Dafür fehlt ihm definitiv noch die nötige Erfahrung.
Nebst von Allmen war Arnaud Boisset einer der anderen Aufsteiger des letzten Winters, denn auch er durfte sich dank eines dritten Ranges im Super-G über seinen ersten Weltcup-Podestplatz freuen. In der Abfahrt war der neunte Rang in Kitzbühel das grosse Highlight des 26-Jährigen, der also bereits nachweisen konnte, auch in der Königsdisziplin zu den Schnellsten gehören zu können. Eine Verletzung in der Sommervorbereitung war jedoch nicht gerade ideal, weswegen spannend zu sehen sein, in welcher Form er sich beim Saisonstart Ende November präsentieren wird. Wunderdinge darf man von ihm keine erwarten, wären schon regelmässige Top-20-Platzierungen ein Erfolg.
Als der mittlerweile 26-Jährige vor fünf Jahren Juniorenweltmeister in der Abfahrt wurde, wurde ihm bereits eine grosse Karriere prophezeit. Auch aufgrund von Verletzungen konnte sich Lars Rösti aber bis heute noch nicht so richtig im Weltcup etablieren. In der letzten Saison holte er nur einmal Weltcuppunkte. Es braucht von ihm im anstehenden Winter definitiv eine Steigerung, ansonsten könnte der B-Kader-Fahrer im schlimmsten Fall sogar aus dem Swiss-Ski-Kader fallen.
Im letzten Winter besass Josua Mettler aufgrund seines Gesamtsieges im Europacup in der Saison 2022/23 einen Fixstartplatz für sämtliche Disziplinen. Aus dieser Ausgangslage wusste der 26-Jährige aber keinen wirklichen Profit zu schlagen, wobei er mit einem 15. Rang in Wengen sowie einem neunten Platz in Kvitjfell beweisen konnte, welch grosses Potenzial er besitzt. Er fokussiert sich im neuen Winter auf die Speed-Disziplinen und will es dort in die Top-30 der Weltcupstartliste schaffen.
Der 21-Jährige ist das womöglich grösste Abfahrtstalent der Welt, erobert er doch in diesem Jahr die Goldmedaille bei der Junioren-WM. Der Youngster wird bereits mit einem gewissen Beat Feuz verglichen und dank der Tatsache, dass er im Europacup im letzten Winter unter die Top-3 im Gesamtklassement rasen konnte, besitzt er für den anstehenden Winter einen Fixstartplatz. Für Livio Hiltbrand wird es in erster Linie darum gehen, die Weltcupstrecken kennenzulernen und wichtige Erfahrungen zu sammeln. Der Gewinn der ersten Weltcuppunkte sind ihm aber allemal zuzutrauen.
Genau in dem Moment, in welchem Marco Kohler auf dem besten Weg war, sich in der erweiterten Weltspitze zu etablieren, schlug bei ihm einmal mehr die Verletzungshexe eiskalt zu. In Wengen riss er sich das Kreuzband, weswegen er den Sommer damit verbringen musste, sich zurückzukämpfen. Marco Kohler wird wohl rechtzeitig für den Start des neuen Winters wieder fit sein und dann geht es in erster Linie darum, sein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wiederzufinden. Wenn ihm das gelingt, kann er möglicherweise dort anknüpfen, wo er aufgehört hat. Es wäre ihm zu wünschen.
Aus gesundheitlichen und privaten Gründen entschied sich Urs Kryenbühl vor einem Jahr dazu, die komplette letzte Saison auslassen zu wollen. Nun will der 30-Jährige noch einmal richtig angreifen, doch natürlich ist klar, dass es für ihn nur schon ein Erfolg wäre, wieder bei einer Weltcupabfahrt wieder im Starthaus stehen zu können. Man wird gespannt verfolgen, was Urs Kryenbühl noch alles leisten kann.
Wenn man schon einmal einen weiten Blick voraus auf die WM-Abfahrt in Saalbach-Hinterglemm werfen will, dann muss man feststellen, dass das Schweizer Abfahrtsteam der Herren auch ohne Hintermann durchaus vielversprechend daherkommt.
Marco Odermatt ist als bester Abfahrer und Titelverteidiger natürlich gesetzt, schliesslich erhält er automatisch einen Startplatz. Nebst ihm haben die Schweizer in der Abfahrt noch vier weitere Tickets zu vergeben. Stand heute dürften Justin Murisier und Alexis Monney ihr Ticket auf sicher haben und auch Franjo von Allmen besitzt sehr gute Karten. Um das letzte Ticket würden sich dann vor allem Stefan Rogentin, Arnaud Boisset und Marco Kohler kämpfen, sofern keiner der Aussenseiter (Rösti, Hiltbrand oder Mettler) komplett explodieren sollte.
Es darf auf jeden Fall konstatiert werden, dass die Schweiz trotz der entstandenen Hintermann-Lücke ein sehr schlagkräftiges und qualitativ hochstehendes Abfahrtsteam besitzt.