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Die Freude war gross, als sich die Berner Young Boys Ende August zum vierten Mal in der Vereinsgeschichte für die Champions League qualifizieren konnten. In der Qualifikationsphase trat man als Sieger aus der Hölle von Istanbul hervor, wies Galatasaray in die Schranken und schaffte es in die prestigeträchtige Endrunde.
Denn das ist es, was die Champions League mit sich bringt: Prestige. Einen Auftritt auf der grössten Bühne Fussballeuropas zu haben, heisst, zu den Grossen zu gehören, einen Namen zu haben, sein Image auszubauen.
Allerdings ist das nicht der einzige und bestimmt nicht der grösste Anreiz der Königsklasse. Die Champions League bietet auch etwas, was die Verantwortlichen bei den teilnehmenden Clubs durchaus hellhörig werden lässt: Geld. 18.62 Millionen Euro erhalten die 36 Vereine, die sich für das grösste Clubturnier Europas qualifiziert haben - ein enormer Betrag, der sich selbst im Vergleich zum Vorjahr noch um drei Millionen gesteigert hat.
Hinzu kommen - oder sollte man sagen "kämen" - Prämien, die mit Punktgewinnen verbunden sind. Für jeden Sieg in der Ligaphase erhalten die teilnehmenden Mannschaften 2.1 Millionen Euro oben drauf, ein Remis bringt immerhin 700 Tausend Euro ein. Dadurch, dass die Berner nach 5 Spielen immer noch ohne Punkt dastehen, konnte man von diesen Prämien bisher jedoch noch nicht profitieren.
Insgesamt jedoch lässt sich sagen, dass die Champions League neben Image-bezogenen auch enorme finanzielle Anreize für die Berner Young Boys bietet. Doch es fallen auch Kosten an:
Aus einer sportlichen Perspektive tut sich für die Spieler eine Herausforderung auf: Neben dem strengen Ligaspielplan und den Einsätzen im Schweizer Cup, entsteht durch die Auftritte auf der europäischen Bühne eine Doppelbelastung. Mit dem neuen Champions-League-Modus, der anstelle von sechs neu acht Gruppen- bzw. Ligaspiele beinhaltet, wird diese noch zusätzlich erhöht.
Diese vielen zusätzlichen Partien erhöhen auch das Verletzungsrisiko der betroffenen Spieler. Ein Blick auf die Verletztenliste sorgt in Bern für Ernüchterung:
In der laufenden Saison haben die BSC Young Boys wettbewerbsübergreifend schon 24 Spiele bestritten. Wie sehr sich die Doppelbelastung in den jeweiligen Wettbewerbsleistungen niederschlägt, ist immer so eine Frage. "Am Ende des Tages können fünf Spiele doch nicht einen solchen Unterschied machen", wird sich so mancher Fan denken. Und natürlich: Dass die Young Boys in der CSSL-Tabelle den historisch schlechtesten Saisonstart hingelegt haben, wird nicht einzig und allein die Schuld der Champions League sein. Einen gewissen Einfluss sollte man den Königsklassen-Herausforderungen allerdings dennoch nicht absprechen.
Dieser mag nicht nur von fussballerischer Natur sein. Neben der physischen Doppelbelastung hat man in Bern auch mit einigen Schwierigkeiten in Sachen Moral zu kämpfen. Dies mag unter anderem daher rühren, dass Niederlagen wie jüngst jene gegen Atalanta ihre Spuren hinterlassen. Ein 1:6 lässt sich nun mal nicht so leicht abschütteln, ebenso wenig ein 0:5 gegen Barcelona oder ein 0:3 gegen Aston Villa.
Umso schmerzhafter ist es, wenn man auf Tore wie dieses zurückblicken muss. Die YB-Defensive stellte sich am gestrigen Champions-League-Abend alles andere als gut an:
Resultate wie diese schlagen auf die Moral. Die Löcher im YB-System werden von grossen europäischen Mannschaften nicht nur aufgedeckt, sondern sogleich gnadenlos ausgenutzt. Dies ist nicht immer etwas Schlechtes: Befänden sich die Young Boys gerade in einer starken Phase, könnten sie womöglich gar davon profitieren, zu wissen, woran es noch zu arbeiten gilt. Da dies jedoch nur Wunschdenken ist, YB seit Saisonbeginn noch nie eine bestechende Form aufweisen konnte, wiegt der demoralisierende Faktor stärker.
Das Ziel der Young Boys wird es nun sein, diese Aussagen Lügen zu strafen. Nach der gestrigen Klatsche gegen Atalanta, erschien David von Ballmoos im Interview. Der Schlussmann der Berner bekräftigte, man nehme diesen Frust nicht mit in die Meisterschaft: "Am Sonntag steht ein anderer Wettbewerb an, da werden wir auch wieder ein anderes Gesicht zeigen." In Bern hofft man, dass der Goalie damit Recht behält: Eine Heimniederlage gegen St.Gallen hat es seit 2005 nicht mehr gegeben - eine weitere Demoralisierung, könnte das Fass zum Überlaufen bringen.