Kurz vor Weihnachten hat das Werweissen in der Schweizer Hauptstadt ein Ende. Die Young Boys haben einen neuen Chef an der Seitenlinie - ein Mann, der einen vielversprechenden Namen trägt. Was darf man von Giorgio Continis Super-League-Comeback erwarten?
Mittwochnachmittag, der 18. Dezember. Schon seit Wochen wird über die Zukunft Joël Magnins spekuliert. Manche stützen sich auf die Aussagen der YB-Kicker, trauen dem Interimstrainer ein längerfristiges Engagement zu - andere setzen ihr Geld auf die Aussagen der Clubführung, sehen Magnin zur U21 zurückkehren. Letztere sollten recht behalten: Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate hat Joël Magnin den Young Boys aus der Patsche geholfen - zum zweiten Mal in Folge müssen die Profispieler von ihm Abschied nehmen.
In Bern jedoch spaltet dieser Entscheid die Meinungen. Unter Magnin sollten so manche Dinge richtig laufen, im Sommer führte er die Young Boys zum Meistertitel, nun sorgte er nach einem historisch schlechten Saisonstart für bitternötige Stabilität. Verdienen diese Leistungen keine längerfristige Anstellung? Diese Frage dürfte sich auch der ein oder andere YB-Kicker stellen: "Die Stimmung im Team ist viel besser. Und auch der Zusammenhalt", meinte Stürmer Cedric Itten vor einigen Wochen über die Leistungen des 53-Jährigen.
Doch die Aspirationen der Young Boys gehen über Stabilisierung hinaus. Ein Aufwärtstrend wurde unter Magnin eingeläutet, nun soll der entsprungene Funke zum Feuer heranwachsen. Die Anstellung Giorgio Continis könnte genau dies bewirken. Der bisherige Nati-Trainer ist ein Mann, der für Aufwind sorgen kann - allerdings ist der Erfolg keineswegs gewährleistet. Unter einem neuen Trainer müssen sich die Young Boys abermals neu einfinden, doch Zeit dafür hat man nicht unbegrenzt. Unter Contini also muss es schnell gehen.
Noch vor der Bekanntgabe der Young Boys verfassten wir einen Artikel über die Baustellen der Super-League-Teams. Die Herausforderung der Young Boys besteht weiter:
Geben die Young Boys bald einen Trainerwechsel bekannt, so ist die Baustelle klar: Der neue Mann an der Seitenlinie wird nicht viel Zeit haben, keinen Raum für Spielereien nutzen können. Unter dem potenziellen Neutrainer müssen sich die Young Boys schnellstmöglich einfinden und den Anschluss an die Spitzengruppe finden, anderenfalls ist ein Oben-Mitmischen in der laufenden Spielzeit nicht mehr möglich.
Artikelauszug "Die Baustellen der CSSL-Team", 17.12.2024, von sport.ch
Mit diesem Hintergrundgedanken scheint die Verpflichtung Continis jedoch umso mehr Sinn zu ergeben. Manche Trainer sind als Taktikfüchse bekannt, andere haben sich auf spezifische Spielphilosophien spezialisiert - Giorgio Continis Fähigkeiten allerdings liegen im Zwischenmenschlichen.
Dies stellte der 50-Jährige bereits bei mehreren Trainerstationen unter Beweis. In Vaduz, Lausanne und Zürich waren die Spieler begeistert von der Art ihres Trainers, schätzten besonders die Offenheit und Leichtigkeit im Austausch. Und auch in der Schweizer Nati wurde Contini eine ähnliche Rolle zugesagt. An der Seite von Murat Yakin war der Winterthurer ein wertvoller Bestandteil des Geschehens, soll besonders im Austausch mit den Spielern eine enorm wichtige Rolle gespielt haben. "Ich versuche, meine Energie, meine Positivität und Empathie in die Truppe einzubringen", beschrieb Contini im Februar 2024 seine Aufgabe in Diensten der Nati.
Insbesondere hilft die Sprachbegabung des neuen YB-Cheftrainers. Mit seinen Spielern kann sich Contini auf Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch verständigen - im multinationalen Kader der Young Boys ist diese Fähigkeit enorm wichtig, soll einer der Makel von Fehltritt Patrick Rahmen gewesen sein.
Der YB-Erfolg ist mit der Verpflichtung Continis nicht garantiert - dennoch blickt man in Bern hoffnungsvoll in die Zukunft.
Anders sieht dies in der Schweizer Nationalmannschaft aus. Darüber, dass der Abgang Continis einen herben Verlust für die Nati darstellt, sind sich die meisten einig. Noch im November hob Murat Yakin die Wichtigkeit seines Assistenten hervor, erklärte gegenüber blue Sport, dass er um seinen Trainerpartner kämpfen werde.
Ein Kampf, bei dem sich der Nati-Chefcoach nun geschlagen geben muss. Murat Yakin steht, Stand jetzt, alleine da, muss seine erhaltene Vertragsverlängerung noch unter Beweis stellen. In den Nations-League-Partien schlug dieses Unterfangen noch fehl, ein Abstieg liess Kritik laut werden, Murat Yakin sei nicht der geeignete Mann für den Posten des Nationaltrainers. Kritik, die sich nach dem Abgang Continis wohl weiter intensivieren wird.
Giorgio Contini steht in Bern also vor einer schwierigen Aufgabe - die grosse Herausforderung jedoch betrifft in erster Linie Murat Yakin.